Kritisches

Hier möchten wir Sie auf einige in unseren Augen besonders kritische Punkte zum geplanten Stadtteil aufmerksam machen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

11 2021: hier sehr gut aktuell zusammengefasst von FRIMP.

Ackerflächen und Böden

Täglich wird in Deutschland eine Fläche von ca. 69 Hektar (ca. 100 Fußballfelder) versiegelt – meist zulasten der Landwirtschaft und fruchtbarer Böden. Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung gibt vor, bis zum Jahr 2020 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr auf 30 Hektar pro Tag zu verringern, Verbände verlangen spätestens bis zum Jahr 2050 die Inanspruchnahme neuer Flächen auf null zu reduzieren.

Böden sind kein Dreck – sondern eine begrenzte Ressource und erfüllen ganz unterschiedliche Funktionen. Sie sind Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen. Sie dienen als Filter und schützen das Grundwasser, ernähren Pflanzen und beeinflussen das Klima.

Auf Böden werden 98 Prozent der Nahrungsmittel für die wachsende Weltbevölkerung produziert. Unsere Böden in Mitteleuropa sind ca. 10.000 Jahre alt!

So wichtig der Boden für das Leben auf der Erde ist, so erschreckend ist der oft sorglose Umgang und die geringe Wertschätzung für Böden. Böden geraten weltweit unter Druck. Die vollständige Bebauung von Boden führt zu seiner Versiegelung und Zerstörung und beeinflußt enorm unser Klima.

Fehlende Ersatzflächen für uns Landwirte

Die Stadt müsste ca. 76 ha Ersatzfläche beschaffen, um den betroffenen Landwirten die Flächenverluste auszugleichen. Bis jetzt hat sie jedoch nur ca. 39 ha als „geeignete“ Ersatzflächen ermitteln können. Es wird auch nicht viel mehr werden, weil einfach nicht mehr genug Flächen zur Verfügung stehen.

Desweiteren werden schon jetzt anderen Landwirten außerhalb vom Gewann Dietenbach und außerhalb Freiburgs stadteigene Pachtflächen gekündigt, die später den Dietenbacher Landwirten zur Verfügung gestellt werden sollen. D.h. aber, dass auch diesen Landwirten in Folge Flächen weggenommen werden und auch dort durch den Flächenverlust die Wirtschaftlichkeit und tlw. auch Existenz der Betriebe zu befürchten ist. Auch bei diesen Landwirten „in zweiter Reihe“ entsteht jetzt schon Unruhe..

Fehlende Ausgleichsflächen

Für den Verlust der Ackerflächen müssen aber auch Ausgleichsflächen gestellt werden, laut Angabe der Stadt zw. 40 und 70 ha (rund geschätzte 9 Millionen Ökopunkte!). Und zwar davon „ein Großteil in einem engen funktionalen Zusammenhang zum Eingriffsort, um den Verlust von Offenland als Nahrungshabitat für Vögel zu ersetzen“ (lt. Drucksache G-16/095).

Wo sind diese ortsnahen Flächen? Hierzu hat die Stadt mittlerweile (05 2020) Kooperationen mit weit entfernten Gemeinden beschlossen und kauft z.B. für vier Millionen Euro Ökopunkte in Bahlingen am Kaiserstuhl. Von wegen “enger funktionaler Zusammenhang”…Abgesehen davon verlieren nun auch dortige Landwirte Flächen.

Fast 5 ha Waldflächen zwischen Rieselfeld und Dietenbach stehen auf der Rodungsliste 😤. Leider soll vor allem am Rande der Wälder gerodet werden wo die ältesten Bäume stehen (u.a. viele hundertjährige wunderschöne Eichen🌳). Siehe Rodungs-Grafik, alles in rot!

Wir finden, dies ist angesichts der Klimakrise in einer“ Green City“ nicht akzeptabel und verlangen den Schutz aller Wälder im Dietenbach.

Verlust regionaler Landwirtschaft

Fast alle einkaufsbewußten Menschen bevorzugen Lebensmittel aus regionaler Landwirtschaft. Wenn Dietenbach gebaut wird verliert Freiburg seine letzten großen Felder zur regionalen Ernährungssicherheit. Die Freiburger Ernährungsstudie von 2016 zeigt dass schon jetzt nur mehr ca. 20% unserer Nahrungsmittel aus der Region Südbaden kommen.

Überschwemmungsgebiet: eigentlich besteht im Dietenbach absolutes Bauverbot durch Bauverbotszone, HK 100!

Es wird zu prüfen sein, ob die umfangreichen wasserbaulichen Maßnahmen reichen werden und der Hochwasserschutz so funktionieren wird wie geplant. Wir Landwirte kennen das Gebiet und wissen um tlw. enormen Wasserhochstand.

Aufschüttung mit über 416.000 LKW Fuhren Bodenmaterial- welch ein Irrsinn!

Wie kann man vorgeben, einen “ökologischen Stadtteil” zu planen, wenn schon im Vorfeld, bevor das Gebiet überhaupt baureif ist, mind. 416.000 (!) LKW Fuhren Untergrundmaterial herankarren muss? Dies wird notwendig, denn das gesamte Gebiet muss mind. 3m wegen dem hohen Grundwasserspiegel aufgeschüttet werden.

Wir haben mal vorsichtig gerechnet, da ergeben sich unvorstellbare Zahlen:
– ca. 2,5 mio m³ lt. Vorlage = ca. 4 bis 5 mio t Auffüllmaterial
– bei nur 12 to Zuladung wären das ca. 416.000 Lkw Fahrten
– bei ca. 30km pro Fahrt wäre das eine Strecke von 30 Mio km, also 78 mal zum Mond
Wer rechnet die CO2 Belastung??

Berechnungsgrundlage des Beschlusses für Dietenbach aus 2012

Bei den damaligen Berechnungen ging man noch von einer stetig steigenden Pro-Kopf-Wohnfläche der Freiburger Bevölkerung aus. Tatsächlich jedoch sinkt diese seit 2011 stetig wieder.  Wir fordern daher eine Neuberechnung und Anpassung an den tatsächlichen Bedarf an Wohnungen in Freiburg.

Fehlende Naherholungsgebiete für den neuen Stadtteil

Bereits jetzt voll ausgelastet sind die umliegenden Flächen vom Mundenhof, der Dreisam, des Dietenbachparks. Das Gewann Dietenbach dient den “Rieselfeldern” als Naherholungsgebiet. Auf keinen Fall  zusätzlich belastet werden dürfen das Naturschutzgebiet Rieselfeld und das angrenzende  Vogelschutzgebiet Frohnholz/Narura 2000/FFH-Gebiet… wo sollen aber 15.000 neu Zugezogene plus die 9.800 Bewohner vom Stadtteil Rieselfeld sich erholen?

Bezahlbarer Wohnraum? Es gibt zwar mittlerweile vom Gemeinderat einen Beschluss für 50% Sozialwohnungsbau. Aber die Umsetzung wird sich anhand von 980 €/ m² Bauland (erschlossen, Stand 06 2020) sicher nicht als einfach und machbar erweisen. Wer kann/ soll das bezahlen??

Hohe soziale Mischung? Im Dietenbach möchte man eine hohe soziale Mischung haben: es sollen Eigentum, Mietwohnungen und verschiedene andere Wohnformen gemischt werden. Hierzu erreichte uns ein kritisches Schreiben von Tjark Nagel:

“Eine “hohe soziale Mischung” heißt natürlich NICHT, dass hier ein hoher sozialer Anspruch erfüllt werden würde, klingt aber fast so. Aber wie gut, dass an das so wichtige Soziale gedacht wird !

Ausdrücklich wird das Rieselfeld als passendes Vorbild zum Vergleich erwähnt – hier wurden von den ehemals angestrebten 50 % gefördertem Whgs.bau gerade einmal 20 % gebaut. Und heute sind nur noch weniger als 5 % davon da. Es ist eines der teuersten Wohnviertel in Freiburg geworden. Aber wie schön haben wir es hier ! Und warum sollen Andere demnächst auf dem Dietenbach-Gelände es nicht genauso so schön haben ??  –

Ach ja, – wir brauchen ja noch bezahlbare Wohnungen ?

Naja, dann bebauen wie eben die anderen Äcker Richtung St.Georgen – ist ja noch Platz. Und so steht erstmal das Soziale wieder an vorderster Stelle. Die “Bürgerbeteiligung” bringt dann wieder nette Vorschläge, wie dieser neue Stadtteil nach bewährtem Muster ebenso energiesparend, nachhaltig, klimaneutral, durchgrünt und sozial werden kann – es ist an alles gedacht, eine Mischung halt = Leben und leben lassen. Wohlfühlstadt ! Wunderbar ! Wer hat, der hat – das Leben ist schön !

Und so geht es weiter und weiter  –  mit dem Artensterben, mit dem Grundwassermangel, mit dem Baumsterben, mit dem Weiterschieben der Klimaziele, mit dem Temperaturanstieg, mit der Luftverpestung, mit den Betrügereien …”

Freiburg wächst weil es baut – wollen die Freiburger das?

BZ, 26.11.2018 Leserbrief von Dr. Dorothea von der Ruhr, Freiburg. Unser Kommentar dazu:

Freiburg wächst nicht aus seinem Geburtsstatus heraus sondern weil es baut. Daher kommt auch das Statistische Landesamt zu einem Null-Wachstum bis 2030. Unsere Freiburger Politiker kommunizieren aber ganz anders, klar die wollen ja XXL bauen. Wollen wir das in dem Riesen-Ausmaß? Derzeit bauen Freiburg über 1000 Wohnungen im Jahr, und nie ist es genug. Grenzenloses Wachstum auch hier..nur:  Ackerflächen sind keine nachwachsenden Rohstoffe!

Finanzierbarkeit: “Finanzbürgermeister Stefan Breiter sieht die 50-Prozent-Quote für Dietenbach kritisch” (BZ, Holger Schindler, Di 20. November 2018). Unserer Meinung nach völlig zu recht. Denn er sieht sehr wohl, dass dies nicht finanzierbar ist und riesige Schuldenberge den nächsten Generationen aufbürdet. Und falls ihr euch mal interessiert für die Finanzierung von Dietenbach (man denkt ja das müssten riesige Dossiers und Berechnungen sein…) – unsere Gemeinderäte haben Dietenbachs neueste Finanzierung im Mai 2020 wieder durchgewunken.

Dietenbach soll jetzt (Stand 05 2020) schon 850 Millionen Euro kosten. Das Minus von derzeit 100 Mio € soll vom Doppelhaushalt 2023/24 an jährlich mit 5 Millionen Euro aus dem städtischen Etat als Sonderverrechnung Dietenbach bezahlt werden. D.h. dass wir alle dann kräftig mitbezahlen dürfen für  diese Verschuldung. Und für was ist dann kein Geld da? Für ein Gymnasium in Weingarten, für alte Schultoiletten, für marode Schulräume usw. Es werden immens hohe Summen in Neues gesteckt und das Alte nicht gepflegt.

Wir meinen: Freiburg braucht keine teuren Neubauten (von denen es ausreichend gibt), sondern günstige Wohnungen und die sind im Dietenbach mit den teuren Grundstücksendpreisen bei ca. mind. 980 € sicherlich nicht möglich. Bestandsbauten müssen erhalten werden und dürfen nicht durch Luxus-Sanierung vom günstigen Wohnungsmarkt verschwinden.

Neubau verteuert übrigens ständig die Mieten: der in Freiburg beschlossene Mietspiegel treibt die Mieten weiter in die Höhe, denn nur die Mieten von (in der Regel teuren) Neubauwohnungen und von Wohnungen, bei denen die Miete erhöht wurde, werden einbezogen. Mietpreise von Wohnungen, in denen die Miete seit Jahren stabil geblieben ist, werden im Mietspiegel gar nicht berücksichtigt. Der Mietspiegel muss deshalb kontinuierlich mit dem Neubau von Wohnungen ansteigen – und zieht deshalb automatisch weitere Mieterhöhungen nach sich.

Die Haselmaus lebt im Dietenbach – hier geht es zum Gutachten aus dem Jahr 2018. Es besteht ein artenschutzrechtliches Konfliktpotential Im Untersuchungsgebiet „Neuer Stadtteil Dietenbach“ denn es wurde die Besiedelung durch die Haselmaus für alle geeigneten Gehölzbestände nachgewiesen. Interessiert die Stadt Freiburg aber nicht wirklich, genau so wenig wie die vielen Fledermäuse die in den Wäldern noch leben.

Geschützte Vogelarten 

Im Umweltbericht 2018 zur SUP kann man nachlesen, dass sehr viele geschützte Vogelarten ihre Nahrung in unseren Dietenbacher Äckern und Wiesen holen.  Sie leben zum Teil im NSG Mundenhof und fliegen zur Nahrungsaufnahme zu uns. Wo sollen diese Vögel dann, wenn das Gebiet bebaut ist, ihre Nahrung holen? Ohne Nahrung kein Leben!

Besonders gefährdet sind hier das letzte Dietenbacher Feldlerchenpaar, der Weißstorch (am Mundenhof gab es in den letzten Jahren immer so acht Brutpaare), Rotmilan und Schwarzmilan. Der Baumfalke, als in Deutschland stark geschützte Art, verliert durch die Störung wieder einen Brutplatz. Und Alle haben das gleiche Problem: wenn das Dietenbach-Gelände als Nahrungshabitat verschwindet, müssen sie  viel weitere Strecken fliegen bzw. werden abwandern.

Bienen und Mais

Laut Peter Rosenkranz (Hohenheim; mais 1/2009) ist “…die Pollenmenge während der Maisblüte nicht zu unterschätzen und ist vor allem in einem Zeitraum verfügbar (Ende Juni – Anfang August), in dem andere Pollenquellen meist kaum vorhanden sind. In vielen Regionen stellt Maispollen im Spätsommer die wichtigste Eiweißquelle für die Bienenvölker dar, auf die kaum verzichtet werden kann…”

Weiters hier (von Karl Schwörer) eine Stellungnahme zur Stadtbauökologie: 

Die möglichen negativen Wirkungen von Siedlungserweiterungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Luft / Klima:

  • Versiegelung und Bebauung von Freiflächen sowohl im Außenbereich als auch im Siedlungsbereich, Veränderung der Verdunstungsrate, der Strahlungsverhältnisse und der klimatischen bzw. lufthygienischen Funktionen der Vegetation durch deren Entfernung.
  • Störung bzw. Behinderung des Luftaustauschs, Verursachung von Barriereeffekten durch Bebauung.
  • Stoffliche Einträge, Emissionen von Gasen, Stäuben, Abwärme

Grundwasser:

Wirkfaktoren : Verminderung der Grundwasserneubildung – durch Versiegelung, Überbauung, Bodenverdichtung und schnell abfließende Entwässerung durch die Abwasserkanalisation.

Erhöhte Grundwassergefährdung durch Stoffeinträge.