Bauverein Wem gehört die Stadt? warnt vor einem Weiter so in der Wohnungswirtschaft

22.12.2018: Offener Brief: „Wohnungswirtschaft warnt vor neuer Wohnungspolitik.“

Sehr geehrte Damen und Herren der Freiburger Wohnungswirtschaft,

zum 4. Advent möchten wir das vierte Lichtlein, das erhellt, anzünden und zum Eintritt in die besinnliche Zeit fragen: Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, dass das Geschäftsmodell der Wohnungswirtschaft nicht mehr zeitgemäß ist und eines Wandels bedarf?

Anlass unserer Nachfrage ist der BZ-Artikel „Wohnungswirtschaft warnt vor neuer Wohnungspolitik in Freiburg“ vom 27.11.2018, der die Aussage enthält:

„Die private Wohnungswirtschaft allerdings werde nur investieren, wenn sich auch Käufer finden.“

Aber hat nicht gerade dieses Geschäftsmodell, das auf dem immer wieder kehrenden Verkauf von Wohnungen mit seinen exorbitanten Gewinnen beruht, die Verdrängung der weniger finanzstarken Teile der Miethaushalte zur Folge? So werden Wohnungen, die noch vor 10-15 Jahren in den Neubaugebieten Vauban und Rieselfeld für etwa 2.000 €/m² errichtet wurden, für mehr als das Doppelte verkauft, mit den entsprechenden Auswirkungen für die MieterInnen, d.h. mit kaum bezahlbaren Mieterhöhungen und/oder Eigenbedarfskündigungen.

Ein zentrales Thema in der öffentlichen Debatte um die Bebauung des neuen Stadtteils Dietenbach ist die Zielsetzung von mindestens 50 % geförderte Mietwohnungen, deren Bezahlbarkeit nicht auf wenige Jahrzehnte begrenzt ist, sondern auf Dauer angelegt sein muss. Dafür aber bieten nur genossenschaftliche oder eventuell andere gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen die notwendigen strukturellen Voraussetzung. So sind bei Genossenschaften oder Hausprojekten des Mietshäuser Syndikats die MieterInnen gleichzeitig die KapitaleignerInnen, was Gefahr des Verkaufes einzelner Häuser an KapitalanlegerInnen minimiert.

Wenn aber bezahlbare Mietwohnungen in nachhaltiger Weise nur von genossenschaftlichen Unternehmen (und ggf. der Stadtbau) errichtet und im Bestand behalten werden und dadurch auch nach Ablauf der Bindungsfristen bezahlbar bleiben, muss die Frage nach den notwendigen Kapazitäten neu gestellt werden: Wie kann die Gründung neuer
genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen angeregt und unterstützt werden, um das erforderliche Volumen an dauerhaft bezahlbaren Mietwohnungen zu erstellen?

Angesichts begrenzter Ressourcen und insbesondere Bauflächen kann die Bewältigung der anstehenden Probleme beim Mietwohnungsbau nicht bedeuten, mit denselben Geschäftsmodellen der privaten Wohnungswirtschaft „Lösungen“ anzubieten, die genau diese Probleme verursacht haben.

Bauflächen sind keine nachwachsenden Rohstoffe.

Wir wünschen Ihnen erholsame Feiertage und ein ertragreiches Neues Jahr.
Mit freundlichen Grüßen
Bauverein “Wem gehört die Stadt?”
Im Auftrag
Stefan Rost    Helma Haselberger